VerordnungGrundsätzlich haben Versicherte nur Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln (§31 SGBV). Für diese gelten allerdings seit 1. Januar 2004 neue Erstattungsregeln. Durch das seinerzeit in Kraft getretene Krankenkassen-Modernisierungsgesetz sind alle nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel von der Verordnungsfähigkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Eine Ausnahmeregelung gilt für Kinder bis zwölf Jahre sowie für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr. Durch die Ausnahmeregelung ist der Versorgungsanspruch der am häufigsten von Kopflausbefall betroffenen Altersgruppe gesichert. Denn Kopflausbefall tritt vor allem bei Heranwachsenden im Kindergarten- und Grundschulalter auf. Sie erhalten apothekenpflichtige Kopflaus-Arzneimittel (Goldgeist forte, Infectopedicul, Jacutin Pedicul Spray, Pedimitex Lösung, BiomoPedicul Lösung) auch weiterhin zuzahlungsfrei auf GKV-Rezept. MedizinprodukteIm Gegensatz zu Arzneimitteln besteht für Medizinprodukte in der Regel keine Verordnungsmöglichkeit. Allerdings hat der Gesetzgeber mit dem "Gesetz zur Änderung medizinprodukterechtlicher und anderer Vorschriften" den Weg für Ausnahmeregelungen frei gemacht. Danach soll der Gemeinsame Bundesausschuss G-BA im Rahmen seiner Arzneimittelrichtlinie künftig festlegen, in welchen Fällen Medizinprodukte ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden. Das Gesetz über die Neuregelung der Erstattungsfähigkeit von Medizinprodukten ist am 1. Juli 2008 in Kraft getreten. Für einige Dimeticon-haltige Medizinprodukte (NYDA Pumpspray, EtoPril Lösung, Jacutin Pedicul Fluid, Dimet 20) sowie ein Präparat mit Kokosöl, Anisöl und Ylang-Ylang-Öl (Paranix Spray) hat der Gemeinsame Bundesausschuss eine Ausnahmegenehmigung zur Verordnung bei Kindern bis zum vollendeten 12. Lebensjahr sowie Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen erteilt. Beim Medizinprodukt EtoPril ist allerdings nur die Dimeticon-haltige Lösung verordnungsfähig, nicht dagegen der seit Mai 2014 erhältliche, Oktandiol-haltige EtoPril Läuseschaum (arznei-telegramm 10-2014). Über die Verordnungsfähigkeit von Jacutin Pedicul Fluid tobte indes viele Jahre lang ein Rechtsstreit. Im Jahr 2010 versuchte der G-BA, dem Produkt die Verordnungsfähigkeit wieder zu entziehen, und zwar mit der Begründung, dass zwischenzeitlich zweckmäßigere, wissenschaftlich besser belegte Alternativen verordnungsfähig seien. Gegen den Beschluss, das Produkt aus der Arzneimittelrichtlinie zu streichen, klagte der Hersteller zunächst erfolgreich. Allerdings stimmte im Jahr 2015 das Bundessozialgericht im letztinstanzlichen Revisionsverfahren der G-BA-Rechtsauffassung zu. Demnach kann der G-BA einem Medizinprodukt die Verordnungsfähigkeit in begründeten Fällen auch wieder entziehen. Entsprechend wird Jacutin Pedicul Fluid inzwischen auch nicht mehr auf der Positivliste der verordnungsfähigen Medizinprodukte gelistet. Medizinprodukte durchlaufen kein den Arzneimitteln vergleichbares Zulassungsverfahren, durch das ihr therapeutischer Nutzen, das heißt ihre Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnis, sowie ihre Wirtschaftlichkeit als Grunderfordernisse einer Verordnungsfähigkeit zu Lasten der GKV objektiv festgestellt werden. Für verordnungsfähige Medizinprodukte ist daher nach den Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses ein gesondertes Bewertungsverfahren erforderlich: Der therapeutische Nutzen nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnis muss durch Studien höchstmöglicher Evidenz sowie auf Basis einer systematischen Literaturrecherche nachgewiesen werden. In diesem Zusammenhang bemängelt das arznei-telegramm, dass für die inzwischen verordnungsfähigen Medizinprodukte - wenn überhaupt vollständig publiziert - nur Studien vorliegen, deren Ergebnisse zum Teil von der Resistenzproblematik im Ausland beeinflusst sein können und die zudem als Vergleichspräparate insektizide Wirkstoffe enthalten, die entweder in Deutschland gar nicht erhältlich sind oder in einer Formulierung, die von in Deutschland gebräuchlichen Arzneimitteln stark abweicht. "Umso unverständlicher ist es, dass der Gemeinsame Bundesausschuss sämtliche Dimeticon-haltigen Kopflausmittel zum 1. Juli 2008 in die Liste verordnungsfähiger Medizinprodukte aufgenommen hat. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen - unter anderem muss der therapeutische Nutzen des Medizinproduktes dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnis entsprechen und eine andere, zweckmäßigere Behandlungsmöglichkeit nicht verfügbar sein - sind unseres Erachtens nicht erfüllt." (arznei-telegramm 7-2008) |